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Passion Artists

Kulturverein zur Förderung von Künstlern und Musikern

Kritiken, über uns geschrieben

WIEN / Bezirksmuseum Floridsdorf: Faschingskonzert „Der Schauspieldirektor im Land des Lächelns“ am 31.1.2013 Der Neue Merker (Heft 2/2013) 
http://www.der-neue-merker.eu/wien-bezirksmuseum-florodsdorf


  Die Aufführungen der Passion Artists in den Wiener Gemeindebezirken gewinnen offenbar langsam eine gewisse Tradition und werden immer beliebter. Diesmal hatte die Obfrau und Gründerin der kleinen Künstlertruppe, die Sopranistin Sabina Zapior aus Polen, im Monat ihres erst 30. Geburtstages zu einem Faschingskonzert eingeladen. Der schöne und auch große Saal im Bezirksmuseum Floridsdorf war bis auf den letzten Platz gefüllt. So musste sie gar eine Ansage machen, dass man telefonisch Plätze vorher reservieren kann, weil einige keinen Platz mehr fanden. Nicht nur das dokumentiert den eindrucksvollen Erfolg der Passion Artists mit ihrer schier unermüdlichen und fantasievollen Obfrau, die Musik zu den Menschen in die Bezirke zu bringen, dabei lediglich um eine Spende für die Förderung der Vereinsarbeit zu bitten und die Leute auch noch zum Mitmachen und Mitsingen zu animieren. Diesmal ging dieses Konzept großartig auf, der Saal geriet in eine dem Fasching entsprechende Stimmung, und das Publikum forderte vehement einige Zugaben. Man sang einen Reigen von Arien, Duetten und Terzetten von Mozart, Mascagni, Offenbach, J. Strauß, O. Straus, Millöcker, Lehar, Kalman und hielt auch einige im Programmzettel angekündigte „Überraschungen“ parat.

Wieder hatte Sabina Zapior eine lustige Dramaturgie für den Abend entwickelt, bei der es darum ging, das Publikum entscheiden zu lassen, wer nun die Primadonna sei und wer die zweite Sängerin. Diese andere – aber am Ende gab es natürlich keine Entscheidung! – war die junge Iza Kopec, ebenfalls Sopranistin aus Polen, eine weitere Entdeckung aus der Talentschmiede der Passion Artists, die Sabina Zapior am 16. März mit einem weiteren Vorsingen für neue Projekte fortsetzt. Dabei beweist sie regelmäßig ein sicheres Händchen, denn Iza Kopec, die am Vienna Konservatorium bei Maria Loidl sowie an der Künstlerischen Volkshochschule studierte und Meisterkurse bei Mirella Freni, Franzisco Araiza und Elio Bataglia besuchte, wartete mit einem gut geführten, farbigen und sehr variationsreichen Sopran auf, der auch sehr höhensicher ist. Zu ihrem Repertoire gehören u.a. Rollen wie die Königin der Nacht, Konstanze, Frau Fluth, Adele, Rita, Gilda und zuletzt sogar die Zerbinetta. Dazu kommt ein äußerst engagiertes und mimisch ausgereiftes Spiel, kurzum, ein großes Talent.

Sabina Zapior konnte einmal mehr ihre exzellente Musikalität, starke darstellerische Ausdruckskraft und die stets beeindruckenden und mit scheinbar großer Leichtigkeit gesungenen Höhen ihres dramatischen Koloratursoprans unter Beweis stellen. Mit ihrer enormen Authentizität zieht sie das Publikum sofort in de Bann und ist dennoch auch in der Lage, Momentsituationen unmittelbar in schauspielerische Aktion umzusetzen und sich dabei alles Mögliche einfallen zu lassen. Das haben diesmal auch wieder einige Damen und vor allem Herren aus dem Publikum erleben können. Alles wirkt jedoch stets sehr professionell und gekonnt. Sabina offenbarte bei einer der „Überraschungen“ eine ganz neue und dem Rezensenten bis dahin unbekannte Qualität, ein nahezu ideale Stimme für das Musical. Sie sang mit großer Empathie und samtweicher Tiefe charaktervoll aus „The Phantom of the Opera“. Hier schlummert offenbar ein großes Potenzial. In der kommenden Saison führt Sabina übrigens ein Gastengagement nach Pisa in Italien, wo sie ohnehin sehr oft an den Opernhäusern und bei bestimmten Festivals auftritt.

Der junge japanische Bariton Koichi Okugawa, 1983 in Hyogo geboren, konnte diesmal besser gegen diese beiden weiblichen Vulkane bestehen als beim letzten, vom Rezenten im Bezirksmuseum besuchten Konzert der Passion Artists im Oktober 2012 (Online-Merker berichtete). Er war oft Dreh- und Angelpunkt der Auseinandersetzung der beiden Damen um die Präferenz des Publikums und konnte dabei mit gekonnter Komik überzeugen. Okugawa verfügt über ein gutes stimmliches Volumen und hat offenbar auch etwas an Artikulation und Ausdruck gearbeitet. Mit einer noch facettenreicheren Phrasierung und differenzierteren Modulation könnte er jedoch seinen gesanglichen Vortrag insgesamt weiter verbessern.

Vladimir Borodin aus der Ukraine begleitete das Trio sehr kompetent am Klavier. Er studierte an der Universität für Musik und darstellende Kunst sowie am Prayner Konservatorium in Wien, und an der Musikakademie in Donezk. Nach Teilnahme an zahlreichen Konzerten und Festivals im In- und Ausland arbeitet Vladimir nun als Korrepetitor und Solopianist. Man konnte sich bei seinem Spiel am Konzertflügel stets sicher sein, dass er jeder noch so unerwarteten Wendung der Aktionen des Trios musikalisch sicher folgte.

Die Passion Artists haben schon tolle Ideen und auch Termine für das weitere Programm in Wien. So soll in einer leicht gekürzten Fassung Verdis „Rigoletto“ zur Aufführung kommen. Wir sind gespannt, wie es weiter geht und ermuntern die Amtshäuser der Wiener Gemeindebezirke, diese großartige Mission weiter zu unterstützen.            
Klaus Billand


WIEN / Bezirksmuseum Floridsdorf: „Literarische Personen in der Musik“ am 18.10.2012
(Der Neue Merker Heft 11/2012) 
http://www.der-neue-merker.eu/wien-bezirksmuseum-floridsdorf-shakespeare-trifft-strauss


Im Rahmen ihrer regelmäßigen Auftritte in diversen Wiener Amtshäusern gab der Wiener Kulturverein Passion Artists ein diesmal ganz anders konzipiertes „Musikalisches Spektakel“ „Literarische Personen in der Musik“ – Literarische Personen in der Musik im Bezirksmuseum Floridsdorf. Die Intendantin und Obfrau des Vereins, Sabina Zapior aus Polen, hatte sich etwas Besonderes einfallen lassen und eine abwechslungsreiche Nummernfolge von Mozart, Bellini, Verdi, Rossini, Massenet, Gounod, Nicolai und Bizet zu Richard Wagner mit einem witzigen Rahmenprogramm gestaltet. Die junge Schauspielerin Katharina Kobelkoff verband die einzelnen Stücke als Hexe verkleidet mit emotionsgeladenen und plakativ sarkastischen Ausbrüchen, wobei sie pointiert auf die wesentlichen Inhalte verwies. Mit einer dazu passenden Lichtregie kam somit eine fast theatralische Dramaturgie des Abends auf, der die über 20 Arien, Duette, Terzette etc. zu einem abwechslungsreichen und kurzweiligen Erlebnis werden ließ.

Sabina Zapior zog wieder alle Strippen auf und hinter der Bühne, während Alexander Boiadjiev für die kompetente Klavierbegleitung sorgte. Sabina startete mit der Arie der Julia aus Gounods „Roméo et Juliette“ Je veux vivre… und der Arie der Giulietta aus Bellinis „I Capuleti e i Montecchi“ Oh! quante volte… und sang etwas später die Juwelenarie der Margarethe aus Gounods „Faust“ mit hoher Musikalität, starkem Ausdruck und den stets beeindruckenden Höhen ihres damatischen Koloratursoprans. Bei all ihren Auftritten vermag sie mit einer emphatischen Mimik und darstellerischen Intensität das Publikum unmittelbar in ihren Bann zu ziehen. Nach der Arie der Frau Fluth aus Nicolais „Die lustigen Weiber von Windsor“ Nun eilt herbei… und einem sängerisch und szenisch hervorragend gelungenen Terzett aus Mozarts „Cosí fan tutte“ Soave sia il vento…, sowie dem Kartenterzett aus Bizets „Carmen“ setzte sie einen glanzvollen Schlusspunkt mit der Hallenarie der Elisabeth aus Wagners „Tannhäuser“.

Die polnische Sopranistin Magdalena Kaleta absolvierte ein Gesangsstudium an der F. Nowowiejski Musikhochschule in Bromberg mit Auszeichnung und ein postgraduales Gesangsstudium an der Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien. Sie begann mit einer ebenso ausdrucks- wie klangvollen Arie der Lady Macbeth aus „Macbeth“ La luce langue…, bei der sie mit ihrer guten Intonation und dramatischen Höhe beeindruckte. Auch die Arie der Rusalka Ó marno to je… sang sie mit Verve und Dramatik, wobei – wie schon zuvor – ihre schön abgedunkelte Mittellage bestach. Einen absoluten Glanzpunkt setzte Magdalena mit einer intensiv vorgetragenen und bis in die letzte Note höhensicheren Ballade der Senta aus Wagners „Der fliegende Holländer“.

Die große Überraschung des Abends war aber die junge, groß gewachsene und attraktive Mezzosopranistin Olga Szabó aus Ungarn, die von der bekannten Wagner-Sängerin und Gesangs-Professorin Mária Temesi in Szeged unterrichtet wurde. Sie studierte Gesangspädagogik und Operngesang am Konservatorium Pécs, an der Universität Szeged und an der Ferenc Liszt Akademie Budapest und ist Preisträgerin des Internationalen Simándy József Gesangswettbewerbs sowie des Internationalen Feruccio Tagliavini Gesangswettbewerbs und erhielt auch schon ein Richard Wagner Stipendium. Olga begann ihren Abend mit einer ausdrucksstark gesungenen Arie der Charlotte aus Massenets „Werther“ Vá! Laisse couler mes larmes…, bei der sie ihre gute Resonanz und klangvollen Höhen unter Beweis stellte. Auch mit der Arie des Siebel aus Gounods „Faust“ konnte sie mit großer Musikalität und schönem Mezzo-Timbre überzeugen. In der nach der Pause folgenden Habanera der Carmen führte Olga mit einer roten Rose ein kokettes Spielchen mit einigen Herren im Publikum, bevor sie mit der Arie des Cherubino aus Mozarts „Le nozze di Figaro“ Voi che sapete… mit ihrer schönen Farbgebung und darstellerischem Talent für einen Höhepunkt des Abends sorgte.

Koichi Okugawa aus Japan war auch wieder mit von der Partie und hatte gegen diese drei recht imposanten Damen keinen leichten Stand. Er sang zunächst die Arie des Macbeth Perfidi!…, danach die Arie des Valentin Oh, sainte médaille… und konnte sich mit der Arie des Escamillo Votre toast je peux vous rendre… steigern und sein baritonales Volumen hier besser zum Ausdruck bringen. Allerdings führt er seine Stimme etwas eindimensional, bisweilen mehr auf Lautstärke als auf Phrasierung und differenzierte Modulation bedacht. Hier könnte er sicher mit weiterer Arbeit noch viel erreichen, wobei auch am sprachlichen Ausdruck zu feilen wäre.

Den Abend beschloss das von allem Vieren witzig und intensiv vorgetragene Katzenduett Miau!… von Rossini, bei dem auch das Publikum nach Kräften und stimmlichen Möglichkeiten mitmachte. Großer Applaus für das Engagement aller AkteurInnen. Es stellt sich immer mehr heraus, dass Sabina Zapior mit ihren Passion Artists eine kleine Kaderschmiede für Talente in Wien etabliert hat. Hoffentlich wird das auch einmal von den Agenten bemerkt, die hier eigentlich Interesse zeigen sollten. Die nächsten Termine sind am 4.12., eine vorweihnachtliche Operngala im Rathaus Leopoldstadt mit „O sole mio“ – ein italienischer Opernabend zum Mitmachen, und am 13.12., wieder im Bezirksmuseum Floridsdorf, mit einem „Weihnachts-Wunschkonzert von Passion Artists“. Passion als Mission…
Klaus Billand


Wien / Amtshaus Döbling: DER LIEBESTRANK in Wien getrunken, Premiere am 5.6.2012
 (Der Neue Merker, Heft 7/2012)   http://www.der-neue-merker.eu/wien-bezirksmuseum-florodsdorf


 Das war ein Opernabend der besonderen Art, einer ganz und gar anderen als gewohnt, aber sehr gelungen! Der Wiener Kulturverein Passion Artists präsentierte im Rahmen des Passion Opera Festivals 2012 eine Opernveranstaltung „auf wienerisch erzählt“, zum Mitsingen und Mittanzen, mit dem Ensemble der Passion Artists und dem Klein Wien Trio, bestehend aus einem Pianisten (Jacek Obstarczyk) und zwei Geigern (Jacek Stolarczyk und Krzysztof Kokoszewski). Der Zweck des Vereins ist es, klassische Musik (insbesondere Oper und Operette) zu fördern und einem breiten Publikum einen niederschwelligen Zugang zu Events der Hochkultur zu ermöglichen. Der Verein will seine Musik zu den Menschen bringen und nicht umgekehrt. Das ist die Ausgangsidee für seine Bezirkstourneen. Dieser Abend fand im Amtshaus Döbling statt, und noch im Juni sind sechs weitere in anderen Wiener Gemeindebezirken geplant. Das Publikum ist immer aktiver Teil der Aufführung, wofür die Intendantin und Obfrau des Vereins Sabina Zapior charmant engagiert und kontinuierlich sorgt. Sie stammt aus Warschau, wo sie an der Frederick Chopin Musikakademie 2007 ihren Magister in Gesang bekam, ist Absolventin der Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien und lebt seit sieben Jahren in der Stadt. Sie hat die Passion Artists gegründet. Mittlerweile hat der Verein über 152 Konzert- und Opernaufführungen in Österreich und Polen absolviert und sieht in diesem Juni freudig seinem 3. Geburtstag entgegen. Er soll mit „La traviata“ von G. Verdi am 19. Juni im Bezirksamt Wieden begangen werden.

Der Verein kümmert sich um junge Künstler, die in Österreich leben – begabte, oft bereits mit vielen Preisen ausgestattete Sänger und Sängerinnen sowie Musiker und Musikerinnen, die aus den verschiedensten Länder stammen und momentan in Österreich studieren oder arbeiten. Es sind überwiegend Studierende und Absolventen von in- und ausländischen Musikuniversitäten und Hochschulen. Jedes Jahr im März organisiert der Verein ein offenes Vorsingen und besetzt danach Projekte für die kommende Saison. Auf diese Weise unterstützt er die jungen KünstlerInnen und gibt ihnen die Möglichkeit, sich vor einem Publikum zu präsentieren und dabei praktische Bühnenerfahrung zu sammeln. Nach der Philosophie „Teilnahme an großer Kunst auf hohem künstlerischem Niveau für alle Menschen“ ist bei freiem Eintritt eine Spende für die Vereinstätigkeiten erwünscht.

An diesem ersten Abend des Festivals 2012 gab es den „Liebestrank“ von G. Donizetti, freilich nach der Version und damit Inszenierung des Vereins „in Wien getrunken“. Mit wenigen szenischen Mitteln spielt man nach der Idee und Regie von Sabina Zapior unter der musikalischen Leitung von Jacek Obstarczyk und nach Texten des Regieassistenten Arno Aschauer die Liebesgeschichte von Adina und Nemorino in einem Wiener Heurigen, der sich in einem Saal im Erdgeschoss des Amtshauses Döbling etabliert hat, und erzählt den „Liebestrank“, eben auf wienerisch. Die Zuschauer sitzen um das Geschehen herum und werden eifrig zum Mitmachen motiviert – mit Erfolg. Treibende Kraft des Ganzen ist Sabina Zapior, die natürlich die Adina singt und spielt – als Kellnerin des Heurigen, in den eine Reihe männlicher Verehrer nicht nur zum Wein trinken kommt… Ein lustiges Treiben beginnt, in dem auch aufgrund der kompetenten musikalischen Untermalung durch das Klein Wien Trio die Oper aufgelockert zu erleben und noch mehr zu hören ist. Zapior verfügt über einen kräftigen und höhensicheren jugendlich dramatischen und gut geführten Koloratur-Sopran, den sie mit einer einnehmenden Bühnenpräsenz kombiniert. Da sitzt jede Geste, passt der schalkhafte Blick zu Intrige und Humor der Handlung, kommt ein gehöriges Maß an Ironie im emphatischen Spiel zum Ausdruck. Und das alles wirkt dann auch sehr professionell. Der bulgarische Tenor Hristofor Yonov, Absolvent der Musikhochschule in Sofia und des Konservatoriums in Wien, singt und spielt den Nemorino engagiert mit einem für diese Belcanto-Rolle vielleicht zu kräftigen Tenor, den er noch nicht immer sauber führt. Aber er hat nach nur vier Wochen Probenzeit, die für das gesamte Ensemble gilt, die Rolle zum ersten Mal gesungen, kann an der Feinabstimmung also weiter arbeiten. Jakob Pesendorfer aus Graz, der neben seiner beruflichen Tätigkeit als Architekt und Projektentwickler in Wien und St. Petersburg Gesang in der Opernklasse am Prayner-Konservatorium in Wien studiert, verleiht dem Dulcamara seinen ausgezeichneten, intonationssicheren und klangvollen Bass. Der Japaner Koichi Okugawa, Absolvent der Osaka University of Arts und ebenfalls Student am Prayner-Konservatorium, singt den Belcore mit seinem guten, aber insbesondere in der Diktion noch ausbaufähigen Bariton. Die Rolle der Gianetta hat Sabina Zapior unter zwei sehr guten Sopranistinnen aufgeteilt, um mehr Möglichkeiten für dann gut gelingende Intrigen zu schaffen. Magdalena Kaleta aus Polen absolvierte an der Musikhochschule in Bromberg sowie ein Postgraduierten-Gesangsstudium an der Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien. Die Japanerin Shiho Mitzoguchi, Absolventin der Universität der Künste in Kyoto, studiert derzeit ebenfalls am Prayner Konservatorium in Wien. Beide warten mit farbigen Stimmen auf und mischen engagiert im Techtelmechtel um Adina und Nemorino mit. Arno Aschauer mimt als Eduard ‚Edi’ Hölzel den amüsanten Erzähler. Die Kostüme und Maske sind witzig und meist geschmackvoll. Die Personenregie ist fantasievoll und lässt nie Langeweile aufkommen, ganz anders als im Lepage-„Ring“ in New York (siehe weiter unten)…

Der Verein Passion Artists ist mit diesem Ensemble ganz offenbar auf dem richtigen Weg. Weitere Aufführungen: „Der Liebestrank“: 14.6. Rathaus Währing; 23.6. Bezirksmuseum Floridsdorf; 26.6. Amtshaus Landstrasse. „La traviata“: 19.6. Bezirksamt Wieden und 21.6. Rathaus Leopoldstadt, immer um 19 Uhr.
Klaus Billand


WIEN / AMTSHAUS WIEDEN: LA TRAVIATA am WA 19.6.2012
 (Der Neue Merker, Heft 7/ 2012) http://www.der-neue-merker.eu/wien-amtshaus-wieden-la-traviata


Nach einer nicht zuletzt aufgrund ihrer Unkonventionalität eindrucksvollen Wiener Variante des „Liebestrank“ von G. Donizetti (siehe weiter unten) gab der Wiener Kulturverein Passion Artists eine Wiederaufnahme von Verdis „La Traviata“ aus dem Vorjahr und feierte mit dieser Aufführung seinen 3. Geburtstag. Nicht nur wegen der Dramatik des Stücks war also dieser Abend von vielen Emotionen geprägt, die insbesondere die Intendantin und Obfrau des Vereins, Sabina Zapior, wieder aufs Beste zu transportieren wusste. Sie war mit ihrem Regie-Berater Arno Aschauer für Idee, Konzept und Regie zuständig und spielte die Hauptrolle gar selbst – größere Personalunion auf der Opernbühne ist wohl kaum denkbar… Zapior hat die Violetta schon mehrfach in Italien gesungen, nachdem sie im Februar 2011 einen Wettbewerb gewonnen hatte (Ferrara, Buscoldo, Pavia, Trentino).

Das Klein Wien Trio, bestehend dem Pianisten und seinem Musikalischen Leiter Jacek Obstarczyk sowie zwei Geigern (Jacek Stolarczyk und Krzysztof Kokoszewski) war wieder für die Musik zuständig. Man glaubt gar nicht, wie viel von der wunderbaren Musik Verdis und ihren Stimmungen durch nur drei Musiker zum Ausdruck gebracht werden kann, wenn gleichzeitig ein intensives Bühnengeschehen zu erleben ist, welches akzentuiert die persönlichen Schicksale, Zwänge, Träume und Enttäuschungen der Protagonisten zeigt.

Wieder mit wenigen, aber umso ausdrucksstärkeren szenischen Mitteln und einem Spiel zwischen Rot (die Liebe Violettas und Alfredos) und Schwarz (die Gegner dieser Liebe, Germont und die „feine Gesellschaft“) möchte das Regieteam anhand dieser Liebesgeschichte zeigen, was aus einer Konfrontation von echten Gefühlen mit einer Welt ohne Gefühle wird. Sie wollen eine Gesellschaft zeigen, in der die Menschen zu blind und egoistisch sind, um aufeinander zu achten, in der emotionale Zuneigung als Schwäche ausgelegt und Individualismus nicht geschätzt wird. Dieses Regiekonzept ist klar erkennbar und vollzieht sich mit wachsender Intensität und immer tragischer werdender Schicksalhaftigkeit an der Person Violettas bis zum bitteren Ende. Sie wird in einer Art Wedekindscher Lulu nach der anfänglichen Begehrtheit immer mehr zum Spielball einer Gesellschaft, die all ihre Schwächen, Komplexe und Begierden auf sie projiziert. Sie, die als einzige wirklich mit all ihren Kräften liebt, muss daran jämmerlich zugrunde gehen und sinkt am Ende tot in die Arme Alfredos, während sich alle anderen von der Szene abwenden.

Zuvor hat die Polin Sabina Zapior mit einem unglaublichen und bis an physische Grenzen gehenden darstellerischen Engagement den Abstieg Violettas vorgeführt, von der lebensfrohen eleganten schönen Frau im langen roten Gesellschaftskleid bis zur Ausgegrenzten in schwarzem, abgerissenem Outfit, die nur noch einmal kurz aus ihrer tiefen Depression erwacht, bevor sie endgültig vergeht. Im Spiegel, in den sie dabei immer öfter schaut, sieht sie diese „feine Gesellschaft“, die ihr den Abstieg beschert, und in ihm soll sich diese spiegeln, die in Form des Wiedener Publikums um die offene Szene herumsitzt. Zapior kann in dieser Rolle noch mehr als Adina im „Liebestrank“ zeigen, dass sie ein ausgesprochen dramatischer Koloratursopran ist, mit einer warmen Timbrierung in der Mittellage. Sogar die Koloraturen weiß sie dramatisch auszudrücken, wobei ihr eine blendende Höhe zugute kommt, die sie zudem auch lange halten kann. Die Sängerdarstellerin ist sehr musikalisch, lebt die Rolle so, als sei sie Violetta auch in der Realität. Jeder Ton und jede Aktion wirken aus einer tiefen Empathie für die Rolle und das Schicksal der Figur heraus – ein absolutes Bühnenvieh! Die Auseinandersetzung mit Germont und die späteren mit Alfredo werden so zu Höhepunktenn des Abends. Der Bulgare Hristofor Yonov ist ein intensiver Alfredo mit schön baritonal grundiertem Timbre und kräftiger Stimme, vielleicht schon etwas zu dramatisch für die Rolle. Allein, in der Höhe neigt der Tenor zu einer gewissen Verengung, lässt bisweilen ein leichtes Näseln hören. Bei lang gehaltenen dramatischen Höhen kommt es auch zu leichten Intonationsschwankungen. Darstellerisch ist Yonov sehr überzeugend, wenngleich die amourösen Momente etwas mehr Subtilität vertragen hätten. Koichi Okugawa ist ein nachdrücklicher Germont mit einem lyrisch timbrierten Bariton, der sich nicht recht öffnet, aber eine gute Höhe hat. Da wäre weitere Arbeit an der Technik sicher von Nutzen, zumal der Sänger sehr musikalisch zu sein scheint. Magdalena Kaleta als Anina rundet das gute Sänger-Ensemble mit ihrem wohl klingenden Sopran und akzentuiertem Spiel ab. Katharina Kobelkoff als Grenvil schildert als Sprecherin von Zeit zu Zeit den Gang der Handlung in traurigen Tönen. Einige Schauspieler geben als Statisten die am Pranger stehende „feine Gesellschaft“.

Auch dieser zweite Abend hat eindrücklich gezeigt, dass der Verein Passion Artists ist mit seinem Ensemble auf dem richtigen Weg ist und weiterhin die volle Unterstützung der Wiener Gemeindebezirke verdient. Weitere Projekte sind schon in Planung für den kommenden Herbst.

Klaus Billand

 

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